Ebenfalls durch das Jahressteuergesetz 2019 soll eine Neuregelung eingeführt werden zur Behandlung ausgefallener Finanzierungshilfen des Gesellschafters zugunsten seiner GmbH. Im Kern will der Gesetzgeber durch eine Ergänzung des § 17 Einkommensteuergesetz (EStG) zur „alten“ Rechtslage zurückkehren. Um dies nachvollziehen zu können, ist ein Rückblick unerlässlich.
Hintergrund
Bis zum Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG; Anwendung seit dem 1.11.2008) führte ein Darlehensausfall zu nachträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung, wenn die Hingabe des Darlehens durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst war. Entscheidend war, ob die Finanzierungshilfe eigenkapitalersetzend war.
Beachten Sie:
Die Beurteilung als nachträgliche Anschaffungskosten war bzw. ist insoweit vorteilhaft, als sich dadurch ein etwaiger Veräußerungs- oder Auflösungsgewinn vermindert oder ein entsprechender Verlust erhöht. Bei der Höhe der nachträglichen Anschaffungskosten wurden jedoch mehrere Fälle unterschieden. So gab es z. B. der Höhe nach Einschränkungen für „stehengelassene“ Darlehen. Hier war nicht der Nennwert, sondern der gemeine Wert in dem Zeitpunkt maßgeblich, in dem es der Gesellschafter mit Rücksicht auf das Gesellschaftsverhältnis nicht abzieht (ggf. sogar ein Wert von 0 EUR).
Rund zwei Jahre nach dem Inkrafttreten des MoMiG hatte die Finanzverwaltung zur neuen Rechtslage Stellung genommen (BMF-Schreiben vom 21.10.2010, Az. IV C 6 - S 2244/08/10001). Hierbei betonte sie, dass für die Frage nachträglicher Anschaffungskosten auf die gesellschaftsrechtliche Veranlassung der Darlehenshingabe abzustellen ist. Die wesentlichen Grundsätze der Rechtsprechung sollten weiterhin anzuwenden sein.
Nach Aufhebung des Eigenkapitalersatzrechts durch das MoMiG hatte der Bundesfinanzhof (u. a. BFH-Urteil vom 11.7.2017, Az. IX R 36/15) seine bisherige Rechtsprechung aber aufgegeben und entschieden, dass eigenkapitalersetzende Finanzierungshilfen grundsätzlich nicht mehr als nachträgliche Anschaffungskosten zu behandeln sind.
Nach neuer Auffassung liegen nachträgliche Anschaffungskosten nur noch vor, wenn die Aufwendungen des Gesellschafters nach handels- und bilanzsteuerrechtlichen Grundsätzen zu einer offenen oder verdeckten Einlage in das Kapital der Gesellschaft führen. Dies gilt insbesondere für:
Nachschüsse im Sinne der §§ 26 ff. des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG), sonstige Zuzahlungen nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 Handelsgesetzbuch (HGB; insbesondere Einzahlungen in die Kapitalrücklage),
Barzuschüsse oder den Verzicht auf eine noch werthaltige Forderung.
Beachten Sie: Auch Fremdkapitalhilfen des Gesellschafters sollen begünstigt sein, wenn diese wegen vertraglicher Abreden wirtschaftlich mit der Zuführung einer Einlage vergleichbar sind (z. B. Rückzahlung wie Eigenkapital oder Rangrücktritt nach § 5 Abs. 2a EStG).
Das Bundesfinanzministerium (BMF-Schreiben vom 5.4.2019, Az. IV C 6 - S 2244/17/10001) wendet die neue Rechtsprechung unter Beachtung der Vertrauensschutzregelung des Bundesfinanzhofs an. Danach ist die bisherige Verwaltungsauffassung vom 21.10.2010 weiterhin in allen offenen Fällen anzuwenden, bei denen das Darlehen/die Bürgschaft unter das MoMiG fällt unddie bisher als eigenkapitalersetzend angesehene Finanzierungshilfe bis zum 27.9.2017 gewährt wurde bzw. die Finanzierungshilfe bis zum 27.9.2017 eigenkapitalersetzend geworden ist.
Geplante Neuregelung
§ 17 Abs. 2a EStG soll nun eigenständig (neben § 255 HGB) definieren, was als (nachträgliche) Anschaffungskosten gilt. Das sind (nicht abschließend):
Offene oder verdeckte Einlagen, Darlehensverluste, soweit die Gewährung des Darlehens oder das Stehenlassen in der Krise der Gesellschaft gesellschaftsrechtlich veranlasst war, Ausfälle von Bürgschaftsregressforderungen und vergleichbaren Forderungen, soweit die Hingabe oder das Stehenlassen der betreffenden Sicherheit gesellschaftsrechtlich veranlasst war.
Eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung soll regelmäßig vorliegen, wenn ein fremder Dritter das Darlehen oder Sicherungsmittel bei sonst gleichen Umständen zurückgefordert oder nicht gewährt hätte, d. h., wenn die Hingabe oder das Stehenlassen von Darlehen an die Kapitalgesellschaft nicht zu fremdüblichen Konditionen gewährt wurde. Zu prüfen ist also insbesondere, ob die Gesellschaft noch von einem Dritten (Bank) ein Darlehen zu fremdüblichen Bedingungen erhalten hätte.
Merke:
§ 17 Abs. 2a EStG sieht keine Mindest-Beteiligungshöhe vor. Damit sollen auch Kleinanleger (Beteiligung unter 10 %) gesellschaftsrechtliche Darlehensverluste und Verluste aus sonstigen Sicherheiten im Rahmen des § 17 EStG (Teileinkünfteverfahren) geltend machen können.
Beachten Sie:
Die Neuregelung soll grundsätzlich auf Veräußerungen oder der Veräußerung gleichgestellte Fälle „nach dem Datum des Kabinettsbeschlusses zur Einbringung des Regierungsentwurfs“ (d. h. ab dem 31.7.2019) anzuwenden sein. Auf Antrag soll die Neuregelung jedoch bereits vor diesem Stichtag gelten. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass sämtliche Ausfälle von gesellschaftsrechtlich veranlassten Finanzierungshilfen steuerlich berücksichtigt werden können – und zwar unabhängig von der Vertrauensschutzregelung des Bundesfinanzhofs.
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